Frühe teleskopische Beobachtungen
Der Mars war ein Rätsel für die Astronomen der Antike, die von seiner scheinbar kapriziösen Bewegung über den Himmel verwirrt waren – manchmal in dieselbe Richtung wie die Sonne und andere Himmelsobjekte (direkte oder prograde Bewegung), manchmal in die entgegengesetzte Richtung (retrograde Bewegung). Im Jahr 1609 nutzte der deutsche Astronom Johannes Kepler die hervorragenden Beobachtungen des Planeten durch seinen dänischen Kollegen Tycho Brahe mit bloßem Auge, um empirisch seine Bewegungsgesetze abzuleiten und so den Weg für die moderne Gravitationstheorie des Sonnensystems zu ebnen. Kepler fand heraus, dass die Umlaufbahn des Mars eine Ellipse war, entlang der sich der Planet mit ungleichmäßiger, aber vorhersagbarer Bewegung bewegte. Frühere Astronomen hatten ihre Theorien auf der älteren ptolemäischen Vorstellung von einer Hierarchie kreisförmiger Bahnen und gleichförmiger Bewegung aufgebaut.
Die frühesten teleskopischen Beobachtungen des Mars, bei denen die Scheibe des Planeten zu sehen war, stammen von dem italienischen Astronomen Galilei im Jahr 1610. Dem niederländischen Wissenschaftler und Mathematiker Christiaan Huygens werden die ersten genauen Zeichnungen der Oberflächenmarkierungen zugeschrieben. Im Jahr 1659 fertigte Huygens eine Zeichnung des Mars an, die eine große dunkle Markierung auf dem Planeten zeigt, die heute als Syrtis Major bekannt ist. Die Marspolkappen wurden erstmals von dem in Italien geborenen französischen Astronomen Gian Domenico Cassini um 1666 bemerkt.
In der Folge machten visuelle Beobachter viele wichtige Entdeckungen. Die Rotationsperiode des Planeten wurde 1659 von Huygens entdeckt und 1666 von Cassini mit 24 Stunden 40 Minuten gemessen – mit einem Fehler von nur 3 Minuten. Die dünne Marsatmosphäre wurde erstmals in den 1780er Jahren von dem deutschstämmigen britischen Astronomen William Herschel festgestellt, der auch die Neigung der Rotationsachse des Planeten maß und erstmals über die Jahreszeiten des Mars sprach. Im Jahr 1877 entdeckte Asaph Hall vom U.S. Naval Observatory, dass der Mars zwei natürliche Satelliten hat. Teleskopische Beobachtungen dokumentierten auch viele meteorologische und jahreszeitliche Phänomene, die auf dem Mars auftreten, wie zum Beispiel verschiedene Wolkentypen, das Wachsen und Schrumpfen der Polkappen und jahreszeitliche Veränderungen in der Farbe und Ausdehnung der dunklen Gebiete.
Die erste bekannte Karte des Mars wurde 1830 von Wilhelm Beer und Johann Heinrich von Mädler aus Deutschland erstellt. Der italienische Astronom Giovanni Virginio Schiaparelli erstellte 1877 die erste moderne astronomische Marskarte, die die Grundlage für das heute noch verwendete Nomenklatursystem enthielt. Die Namen auf seiner Karte sind in lateinischer Sprache und überwiegend in Anlehnung an die antike Geographie des Mittelmeerraumes formuliert. Diese Karte zeigte auch zum ersten Mal Hinweise auf ein zusammenhängendes System von geraden Linien auf den hellen Flächen, die er als canali (italienisch: „Kanäle“) bezeichnete. Schiaparelli wird gewöhnlich deren Erstbeschreibung zugeschrieben, aber sein Landsmann Pietro Angelo Secchi entwickelte die Idee der canali 1869. Im späten 19. Jahrhundert errichtete der amerikanische Astronom Percival Lowell ein Observatorium in Flagstaff, Arizona, speziell zur Beobachtung des Mars und erstellte bis zu seinem Tod 1916 immer aufwändigere Karten der Marskanäle.